Feldherren, Krieger und Strategen by Raimund Schulz

Feldherren, Krieger und Strategen by Raimund Schulz

Author:Raimund Schulz [Schulz, Raimund]
Language: deu
Format: epub
Publisher: Klett-Cotta
Published: 2012-08-23T22:00:00+00:00


Die Sasaniden –

neuer Gegner in alten Dimensionen?

Viele Gelehrte verbinden die Schwäche des Imperiums im östlichen Teil des Mittelmeerraums mit einer globalen machtpolitischen Veränderung: Im Jahr 224 (oder 227 n. Chr.) besiegte Ardasir aus der Dynastie von Sasan den Partherkönig Ardavan (Artabanos) IV. und bemächtigte sich in der Folge aller nordparthischen Territorien und Nordostarabiens.38 Für viele war das von ihm begründete Neupersische Reich der Sasaniden eine zweite Weltmacht und eine viel größere Bedrohung des Imperium Romanum als die Parther.39 Derartige Wertungen beruhen allerdings selten auf einer genauen Analyse der machtpolitischen Ressourcen und der außenpolitischen Ziele des Sasanidenreiches, sondern auf spektakulären Einzelereignissen und Quellenzeugnissen, die isoliert betrachtet leicht zu Überinterpretationen führen.

Das gilt besonders für die in Fels gehauenen und auf Gebäuden angebrachten Tatenberichte Shapurs. Sie bekunden in glanzvollen Wendungen die Siege über die römischen Kaiser Gordian III. (bei Mesiche 244 n. Chr.), Philippus Arabs (244 n. Chr.) und Valerian (bei Edessa 260), der als erster Kaiser in die Gefangenschaft eines auswärtigen Feindes geriet. Zusammen mit bildlichen Darstellungen der gedemütigten Kaiser haben sie eine starke suggestive Kraft40: Nie zuvor hat man den höchsten Vertreter des Imperiums in einer solchen Geste gegenüber einem ausländischen Herrscher gesehen. Allerdings weisen Stil und Inhalt der Reliefs kaum Parallelen zu den alten persischen Felsbildern auf.41 Prestige und Selbstverständnis des Sasaniden hingen zwar wie beim achaimenidischen Herrscher von militärischen Erfolgen ab, doch nirgends wird die Existenz des Römischen Reiches als imperiale Großmacht bestritten; kein Hinweis auf göttlich sanktionierte Expansionsabsichten oder bereits eroberte Gebiete und imperiale Ansprüche, wie sie einst die Perser verkündet hatten.42

Es waren vielmehr die Römer selbst, die den Eindruck eines bedrohlichen »Sasanidischen Weltreiches« förderten.43 Bereits Lucius Verus gab seinem Hofhistoriker Fronto die Anweisung, er möge unmittelbar vor Beginn seines Partherfeldzugs die Überlegenheit des Gegners gebührend hervorheben, damit die Größe seiner (also des Kaisers) Erfolge umso deutlicher würde.44 Kaiser Julian antwortete auf die Frage, warum er anstelle der viel gefährlicheren Goten die Perser (gemeint sind die Sasaniden) anzugreifen beabsichtige, er suche nach besseren Feinden.45 Ein besserer Feind waren die Sasaniden, weil sie dem Kaiser die Möglichkeit eröffneten, seinem Feldzug eine historische Dimension zu verleihen, welche an die Perserkriege der Griechen des 5. Jahrhunderts und besonders den Zug Alexanders anknüpfen konnte. Dementsprechend wurden die Parther und Sasaniden mit den Achaimeniden gleichgesetzt.46 Siege gegen diesen Gegner waren nicht nur Strafaktionen gegen aufrührerische Barbaren, sondern sie versprachen unsterblichen Ruhm (gloria), und Rückschläge boten die Möglichkeit, ein neues Unternehmen als Rachefeldzug zu stilisieren.

Es passt in dieses Bild, dass die zeitgenössischen (griechischen) Historiker die außenpolitischen Ziele der Sasaniden nach den Kategorien ihrer Vorgänger aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. konstruierten und mitunter meinten, die Sasanidenherrscher hätten die territorialen Ansprüche der Achaimeniden wieder aufgenommen.47 Das wird allerdings von keiner einzigen persischen Quelle bestätigt. Wahrscheinlich hatten die Sasaniden gar keine genaue Erinnerung mehr an die achaimenidischen Territorialansprüche.48 Das Ganze entspricht auch nicht den realen militärischen und außenpolitischen Ereignissen sowie der machtpolitischen Lage des Sasanidenreiches. Zweifellos war es weitaus homogener, besser organisiert und weniger von inneren Kämpfen bedroht als die parthische Herrschaft, und es konnte deshalb auch größere Truppenverbände mobilisieren (s.



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